05.05.2017

150 Jahre Hochschule Mittweida

Rede von Ministerpräsident Stanislaw Tillich anlässlich der Festveranstaltung »150 Jahre Hochschule Mittweida« am 5. Mai 2017

– Es gilt das gesprochene Wort –

Magnifizenz, sehr geehrter Herr Professor Hilmer,
sehr geehrte Frau Professorin Mosiek-Müller,
sehr geehrte Frau Kollegin Stange,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Landrat Damm,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schreiber,
Magnifizenzen, sehr geehrte Ehrengäste,
liebe Studierende, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich freue mich sehr, dass wir heute das 150. Jubiläum dieser traditionsreichen Hochschule hier in Mittweida feiern können. Zu Beginn haben wir »Gaudeamus igitur« gehört, das wohl berühmteste Studentenlied der Welt. Darin heißt es unter anderem: »Es lebe die Hochschule, hoch mögen die Professoren leben, hoch lebe jedes Mitglied, sie sollen immer in Blüte stehen!« Das passt, wie ich finde, sehr gut, und ich kann mich diesen Wünschen nur anschließen!

Martin Luther, an dessen Wirken wir in diesem Jahr besonders erinnern – und Mittweida liegt ja auch auf dem sächsischen Lutherweg – wird mit dem Satz zitiert: »Wenn die Schulen zunehmen, dann steht’s wohl im Land.« Das passt wiederum sehr gut zur Entwicklung der sächsischen Hochschullandschaft und auch zur Hochschule Mittweida. Schließlich begann das Technikum im Jahre 1867 mit 17 Studierenden. Deren Zahl wuchs schnell deutlich an, und heute studieren hier mehr als 6.000 junge Menschen.

Dass die Hochschule Mittweida für sächsische Ingenieurskunst und für sächsischen Erfindergeist steht, hat sich längst weit über unseren Freistaat hinaus herumgesprochen. Und viele wissen auch, dass so berühmte Persönlichkeiten wie August Horch, Friedrich Opel oder Kurt Körber hier studiert haben. Und dass die Absolventen der Hochschule viele wegweisende Erfindungen und Patente auf den Weg gebracht haben.

Eine besondere Geschichte aber, die es lohnt weitererzählt zu werden, ist ohne Zweifel die von Udo Steinberg, dessen Begeisterung nicht nur der Technik, sondern auch dem Fußball galt. Er gründete während seiner Studienzeit nicht nur die Fußballvereine von Mittweida und von Chemnitz mit, sondern im Jahr 1900 auch den Deutschen Fußball-Bund. Nach seiner Studienzeit vertrat Steinberg, der mehrere Ingenieurspatente besaß, deutsche Unternehmen in Spanien und spielte dort für den FC Barcelona. Beim ersten »Clasico« gegen Real Madrid im Jahr 1902 trug er mit zwei Toren wesentlich zum Sieg von Barcelona bei.

Auch wenn Udo Steinberg nicht in Sachsen, sondern in Berlin geboren wurde, steht diese Geschichte doch für das, was uns Sachsen auszeichnet: Dazu zählen Ingenieurskunst und Erfindergeist genauso wie Technikkompetenz und natürlich auch die Begeisterung für den Sport. Zwar hat Steinbergs Rolle beim FC Barcelona mittlerweile Lionel Messi übernommen. Aber daran, dass hier innovative Forscher und erfolgreiche Unternehmer ausgebildet werden, hat sich nichts geändert. Absolventen aus Mittweida findet man heute an vielen Orten. Sei es in Unternehmen und Ingenieurbüros, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, in der Medienbranche oder im sozialen Bereich – und nicht zuletzt auch in der Sächsischen Staatskanzlei.

Meine Damen und Herren,

die Hochschule Mittweida ist ein fester Bestandteil unserer exzellenten sächsischen Wissenschafts- und Forschungslandschaft, in der kluge Köpfe aus aller Welt studieren, forschen und entwickeln. Stichwort Exzellenz – wir haben uns vor zwei Wochen sehr gefreut, dass wir mit unseren Konzepten für den Smart Systems Hub in Dresden und den Smart Infrastructure Hub in Leipzig erfolgreich waren. Sachsen ist nun Teil des deutschlandweiten Hub-Konzepts der Bundesregierung. Wir können damit die Stärken unseres Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes weiter ausbauen und wichtige Impulse beim Zukunftsthema Digitalisierung setzen.

Unsere Hochschullandschaft zeichnet es zugleich aus, dass exzellente Forschung und Lehre nicht nur an den Universitäten und in den großen Städten stattfinden. Sondern auch an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die besonders praxisnah ausbilden und eng mit ihren Regionen und mit der Wirtschaft vernetzt sind. Zum Beispiel die Westsächsische Hochschule, die mit ihrem traditionellen Schwerpunkt in der Kraftfahrzeugtechnik wichtiger Teil des Automobilstandorts Zwickau ist – an der man aber in Markneukirchen auch den Bau von Musikinstrumenten erlernen kann. Oder die Hochschule Zittau/Görlitz im Dreiländereck, die Brücken zu unseren Nachbarn baut und Teil der Neisse University ist. Dort gibt es einen Studiengang, bei dem man im ersten Jahr in Liberec in Tschechien, im zweiten Jahr in Jelenia Góra in Polen und im dritten Jahr in Görlitz studieren kann.

Und natürlich setzt auch die Hochschule Mittweida als größte unserer Hochschulen für angewandte Wissenschaften Maßstäbe: mit einem klaren Profil, exzellenter Forschung, und einer besonders praxisnahen und interdisziplinären Ausbildung. Beispielhaft für die exzellente Forschung in Mittweida steht das Laserinstitut, das zu den deutschlandweit führenden Einrichtungen in diesem Bereich zählt und viele bedeutende Akzente in der Entwicklung dieser Technologie setzt. Die interdisziplinäre und praxisnahe Ausbildung nach dem „Mittweidaer Modell“ kann man im Medienzentrum erleben, das zu den modernsten in Europa gehört. Mit einem professionellen Fernsehstudio und mit Tonstudios, in denen Studierende einen lokalen Radiosender für den Campus und für ganz Mittweida produzieren.

Die moderne Ausstattung dieser beiden Bereiche unterstreicht auch das große Engagement der Sächsischen Staatsregierung für die Hochschulen und für den Standort Mittweida. Bei meinem letzten Besuch vor zweieinhalb Jahren haben wir gemeinsam das neue Zentrum für Medien und Soziale Arbeit eingeweiht. Und im vergangenen Herbst konnte Frau Kollegin Stange den Neubau des Laserforschungszentrums an die Hochschule übergeben. Beide Gebäude sind Teil eines modernen Campus, der in den vergangenen 25 Jahren deutlich gewachsen ist und auch weiter wächst.

Sie machen anschaulich, dass sich Investitionen in Bildung und Forschung lohnen. Für die Sächsische Staatsregierung sind Bildung und Forschung eine klare Priorität. Deshalb ist gut ein Drittel unseres Landeshaushaltes diesem wichtigen Bereich gewidmet. Und hier in Mittweida sieht man: dies ist hervorragend angelegtes Geld.

Meine Damen und Herren,

der Wissenstransfer und die Förderung von Unternehmensgründungen gehören für mich zu den wichtigen Aufgaben unserer Zeit. Wir stehen in Deutschland in einem harten globalen Wettbewerb und müssen uns anstrengen, wenn wir darin mithalten wollen. Es muss uns gelingen, aus guten Ideen und Forschungsprojekten noch schneller neue Produkte und Dienstleistungen zu machen. Auch deshalb ist es wichtig, Existenzgründungen zu fördern und junge Menschen auf dem Weg in die Selbständigkeit zu begleiten, wie es hier in Mittweida schon seit vielen Jahren getan wird. Manchmal fehlt zur Verwirklichung einer guten Idee noch der passende Kooperationspartner oder Kapitalgeber. Deshalb haben wir im Januar einen »Science Match« zu Zukunftstechnologien in Dresden veranstaltet. Und ich habe mich gefreut, dass auch die Hochschule Mittweida mit dem Laserinstitut dort vertreten war.

Ein weiterer Erfolgsfaktor der Hochschule ist ihre internationale Ausrichtung. Studierende und Forscher aus aller Welt sind hier wie in ganz Sachsen herzlich willkommen. Es gibt zahlreiche Hochschulpartnerschaften und Forschungskooperationen mit Einrichtungen in anderen Ländern. Auch diese internationale Ausrichtung ist wichtig, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.

Zugleich ist die Hochschule hier im Herzen von Mittweida eng mit der Stadt und der Region verbunden. Deshalb trägt Mittweida seit kurzem auch den offiziellen Titel »Hochschulstadt« – als erste in Sachsen. Das akademische Leben gehört seit nun 150 Jahren zur Stadt und ist von hier nicht mehr wegzudenken. Und Mittweida ist der Beweis dafür, dass es sich auch in kleineren Städten und in ländlichen Regionen hier in Sachsen sehr gut studieren und forschen, arbeiten und leben lässt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

damit möchte ich der Stadt und der Hochschule zum 150. Jubiläum herzlich gratulieren!

Und ich möchte allen, die an der hervorragenden Entwicklung dieser Hochschule mitgewirkt haben, herzlich für ihr Engagement danken. Für die Zukunft wünsche ich der Hochschule und den Studierenden und Forschern, dass sie weiter so innovativ und erfolgreich und so engagiert für die Region sind.

Und vielleicht wird ja zur 200-Jahr-Feier eine Absolventin oder ein Absolvent von heute in einer Reihe mit August Horch, Friedrich Opel, Kurt Körber oder Udo Steinberg genannt: Als bedeutender Erfinder, Unternehmer oder Sportler, der hier an der Hochschule Mittweida studiert hat – einen Weltmeister und Olympiasieger haben wir ja mit Eric Frenzel heute schon bei uns!

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