Rede von Ministerpräsident Tillich zum Doppelhaushalt 2017/2018 am 14. Dezember 2016 im Plenum des Sächsischen Landtags
- Es gilt das gesprochene Wort -
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Und vor allem: Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, als Gäste im Landtag und überall in Sachsen.
Sie finanzieren durch Ihre Steuern als Unternehmer, Mitarbeiter oder Rentner den Haushalt. Einen Haushalt, der auf Sie ausgerichtet ist, der deutlich machen soll: Wir machen Politik für die Bürgerinnen und Bürger Sachsens.
Viele Bürgerinnen und Bürger haben aber gerade im ausgehenden Jahr deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht einiges nicht richtig läuft. Ich nehme das sehr ernst. Wir gehen in der Politik darauf ein. Auch die Medien reflektieren ihre Arbeit. Es wurden neue, wichtige Debatten angestoßen. Wir haben jetzt die Chance, demokratischer Politik neuen Schwung zu geben.
Populisten dagegen nutzen die Situation nur für sich aus. Sie bereichern sich an den Sorgen und Ängsten. Schlimmer noch: Sie spielen mit dem Vertrauen der Menschen, die sich Lösungen von ihnen erhoffen. Aber Populisten haben noch nie Lösungen für die Mehrheit angeboten. Noch nie Lösungen, die auf Dauer für die Menschen und das Land gut sind.
Zu dem, was von 2016 bleiben wird, gehören die Fragen: Wie konnte der Populismus weltweit so stark werden, das Zutrauen in die Politik so viel schwächer? Und wie stärken wir im unserem Land wieder das Vertrauen zueinander und den Zusammenhalt miteinander?
Meine Damen und Herren, Die Antworten darauf müssen wir im Jahr 2017 geben. Der Haushalt für die kommenden Jahre ist dafür eine Grundlage. Aber das reicht nicht. Otto Scharmer, ein Deutscher der in den USA am MIT lehrt, analysierte nach der US-Wahl einen blinden Fleck, wie er es nannte, der die Gesellschaft spalten kann. Diese Gedanken sind auch für uns in Deutschland lehrreich.
Der erste Punkt für Otto Scharmer ist: Unser Blick auf die Wirtschaft. In den USA sind es vor allem junge Menschen, die ein neues Verständnis von der Wirtschaft haben – nicht mehr als »ego-system« sondern als »eco-system«. Eine andere Gruppe will sich diese Debatte gar nicht leisten, weil sie sich abgehängt fühlt.
Und diese Menschen gibt es auch bei uns, trotz der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands und den unbestreitbaren guten Entwicklungen bei Arbeitsplätzen und Lohnniveau. Vor kurzem kam ein Mann zu mir in die Sprechstunde. Er arbeitet als Ausbilder. Und sagte mir, dass er es nicht gut findet, dass ich mich für die Elektromobilität in Kamenz und Dresden einsetze. Ich fragte warum: Wir können doch stolz sein, dass in Sachsen am Auto der Zukunft gebaut wird. Dass das Auto-Land eine Perspektive hat. Er erwiderte: Seine Azubis sehen für sich diese Zukunft nicht. Sie lernen heute mit Blick auf den klassischen Automobilbau und sorgen sich: Was wird aus ihnen, wenn das Auto neu erfunden wird?
Diese Sorgen müssen wir bei aller berechtigten Freude über die Entwicklungen der Elektromobilität beachten. Es reicht nicht allein aus, darauf hinzuweisen, dass dies die Technologie der Zukunft ist und wir stolz darauf sein können, dass Sachsen hierfür ein maßgeblicher Standort ist. Wir müssen erreichen, dass der Einzelne diese Chancen gerade auch für sich persönlich wahrnimmt. Gleiches gilt für die Sorgen der Mitarbeiter bei Bombardier und Linde – ich kenne deren Angst um den Arbeitsplatz aus Gesprächen.
Und es ist nicht gut, dass der Betriebsrat eines Daimler-Werkes in Baden-Württemberg vom Konzern verlangt, die Investitionen am Standort Kamenz zu stoppen, um in Stuttgart zu investieren. Damit fallen sie den sächsischen Kollegen in den Rücken.Denn ich weiß, was es auch für Städte bedeutet, wenn ein großer Arbeitgeber keine klare Perspektive für seine Standorte gibt.
Gleiches gilt für die Menschen,
- die trotz harter Arbeit nur knapp über die Runden kommen oder sich vor Altersarmut fürchten; oder
- die sich durch Leistung einen Wohlstand geschaffen haben, um den sie sich zukünftig sorgen
- die einfach generell Sorge haben, dass sich Ihr Leben durch die Vielzahl und die Dynamik der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Veränderungen zu Ihrem Nachteil verändert
Das alles gehört zur zweiten Seite der Medaille von Globalisierung und technischem Fortschritt. Sie gehört genauso dazu wie die andere Seite, auf der die vielen Chancen und Erfolge für Sachsen stehen.
Meine Damen und Herren, ein zweiter Punkt bei Otto Scharmer ist die Distanz zwischen Politik und vielen Bürgern.
Auch wenn wir alle als Privatpersonen sehr nah am Alltag der Menschen dran sind: Das Bild von Politikern gleicht auch bei uns für viele dem Eindruck, der in den USA gewonnen wird. Manchmal sind es die kleinen Zeichen: Dass wir meist in der ersten Reihe sitzen und kaum ins Gespräch zum Beispiel mit Mitarbeitern bei Firmenbesuchen kommen. Oder, dass wir meist unter uns sind, wenn wir im Januar die vielen Neujahrsempfänge besuchen. Wir müssen vermeiden, dass wir uns in der berühmten Blase wiederfinden.
Zu viele Menschen fühlen sich nicht mehr vertreten. Oder denken, dass ihre Interessen unausgesprochen bleiben. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht selbst Echo-Räume schaffen, die wir im Internet kritisieren. Daher ist es wichtig, dass politische Angebote unterscheidbar bleiben. Dass wir uns um echte Meinungsvielfalt und eine wirkliche Auswahl von Argumenten und Lösungen bemühen. Dass wir den Mut haben, auf dem Weg zu einer Entscheidung zu zweifeln und zu streiten.
Das gilt für die Auseinandersetzungen zwischen Koalition und Opposition. Aber auch innerhalb einer Koalition ist Streit nicht per se schlecht. Auch wir laufen Gefahr, Debatten zu verengen, dass nicht mehr jedes Argument gelten gelassen wird – sondern erstmal durch einen Filter von Korrektheit oder Fortschrittsdenken muss. Wir brauchen in der demokratischen Politik ein breites Meinungsspektrum, damit der demokratische Raum groß und der populistische Spielraum klein ist.
Das ist gerade jetzt wichtig, wenn wir über gelingende Integration reden. Wir müssen deutlich machen, was Deutschland ausmacht. Wir leben im besten Deutschland, das es jemals gab. Das gilt für unsere internationale Reputation, weil wir nach historischen Verbrechen zu einem verlässlichen Partner wurden. Das gilt für die Wirtschaft, die den meisten eine gut bezahlte Arbeit und Deutschland neue Stärke gibt. Es gilt besonders für die Freiheiten und Rechte, die wir in diesem Land haben.
Dazu gehört, dass Frauen gleichberechtigt und Lebensformen vielfältig sind. Dazu gehört, dass wir uns mit freiem Gesicht ansehen und nicht verschleiern.
Dazu gehört, dass Staat und Religion unabhängig voneinander sind. Und über allem und für alle gilt das Grundgesetz als Maßstab für unser Handeln.
Dies ist nicht verhandelbar und da wird es auch keinerlei Abstriche geben. Das ist das feste Fundament, auf dem unsere Gesellschaft und dieses Land steht. Darüber darf es keine Diskussionen geben. Aber wir brauchen in der Mitte der Gesellschaft eine sorgfältige Debatte, wie auf diesem Fundament die Integration gelingt. Dabei müssen wir in die Mitte integrieren und die Gesellschaft von den Rändern zur Mitte stärken. Mit dem Ziel das zu bewahren, was unser Land sicher und stabil macht.
Meine Damen und Herren, mir ist das Brücken bauen zwischen Politik und Bürgern ein sehr wichtiges Anliegen. Ich werde deshalb im neuen Jahr an den Bürgerkompass, an unsere bisherigen Dialogveranstaltungen anknüpfen. Ich möchte Bewährtes fortsetzen und Neues ausprobieren. Ich möchte mich in allen Regionen Sachsens mit Menschen treffen, die offen mit mir reden. Menschen , denen ich vor allem auch zuhöre.
Ich möchte deren Ideen für Sachsen, ihre Kritik, Sorgen und Erfolge kennlernen. Was ich mitnehme werde ich mit Ministern, mit Experten und der Verwaltung diskutieren.
Die Verwaltung unseres Landes, die wir mit den Beschlüssen der Personalkommission in eine gute Zukunft führen wollen, spielt dabei eine wichtige Rolle. Jeder in der Verwaltung trägt zu den Erfolgen aber auch Misserfolgen im Land bei. Jeder Kollege und jede Kollegin kann durch ihre Kompetenzen, durch ihr Handeln und ihre Entscheidungsfreude ihren Beitrag leisten, dass wir zu einer neuen Dynamik in Sachsen kommen.
Daraus können neue Ideen, Impulse und Projekte für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung entstehen. Diese möchte ich dann wieder im Dialog mit den Bürgern diskutieren – um im Gespräch zu bleiben, um Vertrauen wieder aufzubauen. Um für unsere Demokratie und ihre Stärken zu werben. Ich möchte so eine Antwort auf die Entwicklungen dieses Jahres geben.
Die meisten von uns hier im Plenum sind besorgt über Erfolge populistischer Parteien. Uns beschämen die unsachlichen Auseinandersetzungen, Proteste und die Fremdenfeindlichkeit, die wir so oft erleben mussten. Und wir alle sind aufgerufen, uns mit den Ergebnissen des Sachsen-Monitors und der anderen Umfragen auseinanderzusetzen.
Überall in Deutschland ist bei zu vielen Menschen der Wertekompass verrückt, brechen Dämme gegenüber Denkweisen und Handlungen von denen wir glaubten, sie würden nie mehr möglich sein. Ich möchte diese Dämme wieder aufbauen und stärken. Wir müssen uns gemeinsam dafür anstrengen, dass wir Vertrauen und Zusammenhalt, Miteinander und Menschlichkeit wieder stärken.
Meine Damen und Herren, der Haushalt für die Jahre 2017 und 2018 ist mit diesem Ziel aufgestellt worden. Ich danke den Fraktionen für die intensive Diskussion bis hierher – auch das ist ein Ausdruck verantwortungsbewusster Politik in schwierigen Zeiten. Wir wollen mit den Menschen in Sachsen die Zukunftschancen eines modernen Landes nutzen. Und wir wollen gerade jetzt den Menschen in Sachsen eine sichere Heimat bieten.
Sicherheit im umfassenden Sinne: Sicherheit, die Recht und Ordnung schafft – durch mehr Polizei und eine starke Justiz. Sicherheit, die Chancen eröffnet – durch mehr Lehrer und starke Hochschulen. Sicherheit, die Lebensqualität bringt – durch Investitionen in Medizin, Kultur und Umwelt. Damit erhalten wir Sachsen als starke Heimat. Als eine stabile Scholle für die Menschen, auf die sie bauen können, die verlässlich und sicher einen Halt auch in bewegten Zeiten gibt.
Meine Damen und Herren, der kommende Haushalt setzt um und schreibt fort, was die Staatsregierung im März dieses Jahres beschlossen hat.
Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen und uns daran erinnern, wie die Situation vor einem Jahr, zu Beginn des Jahres 2016 war. Menschen waren zu Tausenden auf der Flucht. In Europa übertraf man sich mit gegenseitigen Vorwürfen. Die Staatliche Ordnung wurde bis an die Grenzen belastet – stellenweise war sie überlastet.
Doch es gab Menschen, die behielten einen kühlen Kopf. Sie warteten nicht. Sie handelten: Ob Ehrenamtliche oder Mitarbeiter der Verwaltungen und Hilfsdienste. Ich danke den Hilfsorganisationen und tausenden Helferinnen und Helfern, den Mitarbeitern in den Kommunen und Landesbehörden, den Landräten und Bürgermeistern. Sie stehen für die Mehrheit der Sachsen. Sie stehen gegen Rechtsextremisten und Radikale, die Hass und Hetze säen und Gewalt ernten. Die tausenden engagierten Flüchtlingshelfer stehen für das Sachsen mit Herz, zu dem ich hier im Landtag aufgerufen habe.
Ich danke dem Finanz- und dem Innenminister und ihren Mitarbeitern. Sie haben sehr schnell Unterkünfte beschafft und die Aufnahme der Flüchtlinge organisiert. Wir wissen, dass es durchaus für einige Bürger Einschränkungen gab. Zum Beispiel weil wir Turnhallen als Unterkünfte genutzt haben. Für das dafür aufgebrachte Verständnis danke ich allen herzlich. Deshalb war es uns wichtig, die Turnhallen schnell wieder herzurichten und an die Sportler und Vereine zurückzugeben.
Deutschland und Europa haben gehandelt, damit sich so eine Situation nicht mehr wiederholt. An den deutschen Grenzen im Schengen-Raum wird wieder kontrolliert. Die europäischen Außengrenzen werden besser geschützt. Es wurden Abkommen geschlossen oder vorbereitet, um den menschenverachtenden Schleppern das Handwerk zu legen und etwas gegen das Sterben auf dem Mittelmeer zu tun.
Die Fregatte Sachsen ist gerade zu Ihrem Einsatz im Mittelmeer aufgebrochen. Wir wünschen den Soldatinnen und Soldaten eine erfolgreiche Mission und eine sichere Heimkehr.
Daneben haben wir erhebliche Verschärfungen beim Asylrecht verabschiedet. Dies gefällt nicht jedem, ist aber notwendig, um die Situation wieder besser beherrschen zu können. Wir wollen helfen, dass die Menschen in ihrer Heimatregion eine bessere Perspektive bekommen. Dazu will auch Sachsen einen Beitrag leisten: Auch deshalb haben wir wieder einen Titel für Entwicklungszusammenarbeit in der Staatskanzlei geschaffen.
Und was entscheidend ist für die Integrationskraft im Land: Wer das Asylrecht missbraucht oder hier kein Bleiberecht hat, kann das Land freiwillig verlassen oder muss abgeschoben werden.
Das Innenministerium handelt hier konsequent und das ist richtig. Denn wir dürfen uns als Staat nicht schwach zeigen, sondern müssen unser Recht konsequent durchsetzen. Das dient der Ordnung im Land, gibt den Asylsuchenden eine ehrliche Perspektive und stärkt die Chancen für diejenigen, die hier bleiben dürfen und die unsere Hilfe bei der Integration brauchen.
Integration ist eine langwierige Aufgabe. Wir können sie schaffen, ohne dass es uns überfordert. Ich danke der Integrationsministerin für ihr unermüdliches Engagement, in diesem Feld immer wieder Ansprechpartnerin zu sein. Wir müssen bei der Hilfe zur Integration liefern. Es kommt auf konkrete Erfolge an – auch das ist ein Beitrag gegen Populismus. Das gilt für die Vermittlung der deutschen Sprache, die Integration auf dem Arbeitsmarkt und beim Zusammenleben auf Basis unserer Kultur und Werte. Auch hier geht es um Konsequenz, es gilt Herz und Härte zu verbinden.
Aktuell leben 31.000 Asylsuchende in Sachsen – das sind 0,7 Prozent der Bevölkerung. Das macht klar: Wir stehen vor keiner Überfremdung. Es ist eine große Aufgabe, aber überfordert werden wir davon nicht. Die Aufgabe ist machbar!
Und wir müssen uns auch um andere Themen kümmern. Nämlich die Themen der Bürgerinnen und Bürger, die das Land tragen, und Tag für Tag in der Familie, im Betrieb, im Verein Verantwortung übernehmen. Eben auch um die Themen der Mehrheit.
Meine Damen und Herren, Wir haben eine Dekade begonnen, in der es jedes Jahr in unserem Freistaat heißen soll: Wir haben mehr Polizisten und mehr Lehrer. Unsere Justiz ist weiter gestärkt. Die Hochschulen haben mehr Personal als einmal geplant.
Ja, wir haben Entscheidungen aus vergangenen Jahren korrigiert. Das ist notwendig, weil sich die Bedingungen geändert haben. Und es ist möglich, weil wir heute die finanzielle Kraft haben, um die Entscheidungen solide und nachhaltig finanzieren zu können.
Dazu trägt unser Erfolg bei den Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen bei. Sie kennen das Ergebnis, weshalb ich hier nur das Wesentliche sagen will: Sachsen hat ab 2020 ca. 770 Millionen Euro mehr zur Verfügung als ursprünglich geplant. Diese Summe wächst dynamisch Jahr für Jahr an.
Zum Ausblick gehört aber auch: Die nächste Förderperiode der Europäischen Union wird neu verhandelt. Wir dürfen die Fortsetzung der bisherigen EU-Förderung keineswegs als gegeben erachten. Wir müssen vielmehr mit ganz erheblichen Einschnitten in diesem Bereich rechnen und auch von daher weiterhin eine konservative weil verantwortungsbewusste Finanzplanung machen.
Denn wir wollen eine solide Finanzpolitik fortsetzen und als Staat ein starker und zuverlässiger Investor für die Zukunft des Landes bleiben.
Das Ziel der Staatsregierung ist:
- Mehr Sicherheit durch eine stärkere Polizei und Justiz,
- eine gesicherte Unterrichtsversorgung an Schulen und
- Planungssicherheit für Hochschulen in den kommenden Jahren.
Dafür wollen wir in den nächsten fünf Jahren 1 Milliarde Euro für umfassende Sicherheit, Recht und Ordnung in unserem Freistaat zusätzlich ausgeben. Und ich bin zuversichtlich, dass der Sächsische Landtag dieses Ziel mitträgt.
Übersetzt sind das mehr Polizisten, die die Kriminalität im Grenzraum bekämpfen, wo immer noch zu oft Unternehmen und Privatpersonen um ihr Eigentum fürchten müssen. Es sind Polizisten, die die gemeinsame Initiative von Bayern und Sachsen gegen Einbruchdiebstähle voranbringen, damit die Menschen in Sachsen ein sicheres zu Hause haben. Es sind Polizisten, die den menschenverachtenden Handel mit Drogen, das Zerstören von Menschen mit Crystal bekämpfen.
Es sind Polizisten, die gegen rechts- und linksextreme Straftäter vorgehen, die hoch engagiert diejenigen überführen, die Asylbewerberunterkünfte angezündet oder ausländerfeindliche Übergriffe geplant oder begangen haben.
Es sind mehr Justizbedienstete, die die Kolleginnen und Kollegen in den Gefängnissen genauso entlasten sollen wie an den Gerichten und bei den Staatsanwaltschaften. Damit können wir Verfahren beschleunigen und Recht besser durchsetzen. Denn konsequent Recht und Gesetz gegenüber jedermann, egal woher er kommt und wer er ist, durchzusetzen und als starker Staat aufzutreten – darauf müssen sich die Bürgerinnen und Bürger in jeder Situation verlassen können.
Ich bin dem Justizminister und den Staatsanwaltschaften dankbar, dass sie konsequent den Hass im Internet, die Volksverhetzung auf der Straße und die Gewalt gegenüber anderen Menschen verfolgen. Zum Erfolg der Zusammenarbeit von Justiz und Polizei gehört, dass in der vergangenen Woche der Anschlag auf die Moschee in Dresden aufgeklärt wurde.
Ich danke ganz besonders unserer Polizei. Die Polizistinnen und Polizisten mussten in den vergangenen Monaten bis an die Grenze der Belastbarkeit und auch darüber hinaus arbeiten. Sie halten den Kopf hin für unsere Sicherheit, für das Durchsetzen von Recht und staatlichem Gewaltmonopol. Dabei werden sie selbst oder ihre Dienststellen und Fahrzeuge angegriffen. Die oft vermummten, oft linksradikalen Gewalttäter demaskieren sich damit selbst.
Deren Toleranz endet mit der eigenen Weltvorstellung. Und welches Menschenbild sie haben ist jedem offensichtlich, wenn sie Mitmenschen in Uniform angreifen. Es braucht wieder mehr Respekt vor unseren Polizistinnen und Polizisten. Und es ist richtig, dass die Koalition im Bund härtere Strafen für Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten plant. Meine Zustimmung hat sie dafür.
Meine Damen und Herren, leider werden noch mehr Menschen in ihren Berufen angegriffen: Auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte berichten davon. Das zu bestrafen ist das eine. Aber wir müssen uns hier schon fragen: Was ist passiert, dass diese Hemmschwellen gesunken, solche Grenzen gefallen sind? Die Antwort darauf kann nicht nur die Politik geben.
Wir brauchen in Deutschland eine Debatte über Anstand, Respekt und Zusammenhalt. Eine Debatte, die in Medien, in der Kultur aber auch am Arbeitsplatz und in der Familie geführt werden muss. Ein richtiger Ort dafür sind auch unsere Schulen. Bildungseinrichtungen sind immer auch Orte der Persönlichkeitsbildung. Und wir wissen, dass in Schulen mittlerweile oft neben der Wissensvermittlung auch Erziehungsaufgaben wahrgenommen werden. Dabei wollen wir die Lehrerinnen und Lehrer besser unterstützen. Ich bin der Sozialministerin für ihren Vorstoß zur Schulsozialarbeit dankbar. Denn Schulen sind ein Ort, wo früh über die Zukunft des einzelnen aber auch den sozialen Zusammenhalt und das Gelingen von Integration entschieden wird.
Sachsens Bildungssystem gehört zu den besten in Deutschland. Wir wissen aber, dass wir uns auf den Erfolgen nicht ausruhen können. Wir wollen den Erfolg im Sinne der Schülerinnen und Schüler sichern. Wir wollen die so wichtige Verlässlichkeit und Kontinuität für Lehrer, für Eltern und Schüler bewahren. Deshalb gibt es keine Experimente an unserem Bildungssystem. Wozu das führt, sehen wir in anderen Ländern.
Wir werden aber da nachbessern, wo wir Handlungsbedarf sehen: Das gilt für den Umfang der Stundentafel und vor allem auch für die Bildungsinhalte. Und wir werden uns verstärkt mit Formen der digitalen Bildung beschäftigen. Ich danke der Kultusministerin in besonderer Weise, dass Sie genau für diesen nicht einfachen Spagat von Bewahren und Weiterentwickeln steht.
Unser öffentliches Bildungssystem ist Arbeitsplatz für rund 30.000 Lehrer. Es ist Lernort für nahezu 400.000 Schüler. Und ein wichtiges Thema für hunderttausende Eltern und Großeltern. Deshalb ist uns die Bildung ein Herzensanliegen, das uns lieb und teuer ist.
Ich bin überzeugt, dass wir in diesem Jahr wichtige Weichen für eine gute Zukunft unseres erfolgreichen Bildungssystems gestellt haben. Nachdem die Gewerkschaften die Gespräche mit der Regierung ohne Ergebnis beendet haben, beschlossen wir, was im Rahmen des Tarifvertrages möglich ist. Dazu gehört eine zielgerichtete Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs in Sachsen. Wir haben damit einen der wichtigsten Berufe unserer Gesellschaft deutlich attraktiver gemacht.
Wir wollen junge Lehrer überzeugen, nach dem Studium in Sachsen zu bleiben oder aus anderen Ländern nach Sachsen zu kommen. Und wir wollen ältere Lehrer, die trotz des anstrengenden Berufs Lust haben, noch länger zu arbeiten, dafür eine Gegenleistung bieten. Damit wollen wir die Unterrichtsversorgung sicherstellen. Seiteneinsteiger helfen uns dabei. Ich weiß, sie sind für Lehrerkollegen aber sicher auch Eltern und Schüler auf den ersten Blick ungewohnt. Aber ich bitte, diesen engagierten Lehrern eine Chance zu geben – ich bin sicher, sie können den Unterricht bereichern. Die Kultusverwaltung wird alles dafür tun, dass sie besser vorbereitet und weitergebildet werden.
Meine Damen und Herren, auch unsere Hochschulen werden dazu ihren Beitrag leisten.
Ich danke der Wissenschaftsministerin, dass sie mit den sächsischen Hochschulen einen neuen Entwicklungsplan erarbeitet hat. In der kommenden Woche werden wir die Zuschussvereinbarungen unterzeichnen. Unsere Hochschulen sind für uns ein Nukleus für Innovationen. Zentren der Fachkräfteausbildung. Und das Tor für Menschen aus aller Welt, die hier studieren und forschen, danach hoffentlich auch in Sachsen arbeiten, eine Firma und vor allem Familie gründen wollen.
Wir wollen für die kommenden Jahre sowohl die Qualität als auch die Finanzierbarkeit sichern – und das auf hohem Niveau. Such, was die Personalausstattung betrifft. Die Hochschulen sind nun gefordert, ihr internationales Profil bei Lehre, Forschung und Entwicklung stetig zu verbessern. Damit schaffen wir die Basis, mit der wir bei der Fortschreibung der Exzellenzinitiative erfolgreich sein wollen.
Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Haushalt einen deutlichen Schwerpunkt auf Bildung, Ordnung und Sicherheit gelegt.
Ich habe vorhin von einem erweiterten Sicherheitsbegriff gesprochen. Dazu gehört eine funktionierende Daseinsvorsorge. Das heißt vor allem auch eine flächendeckende medizinische Versorgung auf hohem Niveau. Es geht darum, dass die Menschen einen Arzt in ihrer Nähe finden. Ich erlebe es gerade in meinem Wahlkreis, was es für die Menschen bedeutet, wenn eine Arztpraxis im Ort schließt. Deshalb ist es wichtig, dass wir um Ärzte für Sachsen werben. Und es ist wichtig, dass wir mit der starken Selbstverwaltung im Gesundheitswesen alles Mögliche gegen den Ärztemangel tun.
Unser Beitrag sind Krankenhäuser als zuverlässige regionale Medizinzentren. Deshalb stehen für die Krankenhausinfrastruktur erneut mehr Mittel zur Verfügung. Und wir wollen den Ausbau der Telemedizin und die Vernetzung von Akteuren im Gesundheitswesen weiter voranbringen.
Meine Damen und Herren. Auch Theater und Museen sind Teil des Sicherheitsnetzes in Zeiten der Verunsicherung. Denn diese Orte geben die Chance zur kulturellen Selbstvergewisserung. Deshalb sollen die Kulturräume mehr Mittel für Ihre Arbeit bekommen. Es wäre schön, wenn all jene, die Angst vor dem kulturellen Untergang des Abendlandes haben, einmal mehr ins Theater und in die Museen unseres Landes gehen. Sie können dort nicht nur etwas über Toleranz lernen. Sie helfen auch, die Kultur zu erhalten, die sie angeblich verteidigen wollen. Theater und Museen sind auch Träger und Vermittler unseres kulturellen Erbes. Damit sind sie ganz wichtige Adresse für diejenigen, die sich in unserem Land integrieren wollen.
Meine Damen und Herren. Die Staatsregierung und der Landtag haben zwei ganz wichtige Investitionsprogramme auf den Weg gebracht und gestärkt, die für die Zukunft Sachsens entscheidend sind. Ich danke dem Umweltminister und seinen Mitarbeitern für die Umsetzung von »Brücken in die Zukunft«.
Gerade im ländlichen Raum haben wir mit der Vervielfältigung der Bundesmittel ein wichtiges Zeichen gesetzt: Wo gebaut, saniert und renoviert wird, da ist Zukunft, da sind Entwicklungschancen. Deshalb war es auch wichtig, das Thema Digitalisierung für die sächsischen Regionen auf die Agenda zu nehmen. Mit der Digitalen Offensive in der Verantwortung des Wirtschaftsministeriums wollen wir nun endlich vorankommen. Ohne Zweifel: Platz 15 für Sachsen beim Breitbandausbau ist nicht gut. Ich erlebe es immer wieder, dass Unternehmer im ländlichen Raum auf mich zukommen und kritisieren, dass sie noch kein leistungsfähiges Internet haben. Dies gefährdet letztlich Arbeitsplätze und Entwicklungschancen.
Da müssen und werden wir in den nächsten Jahren deutlich besser werden. Heute ist das schnelle Internet wie Strom und Wasser ein Teil der Daseinsvorsorge. Unabhängig von der Postleitzahl – Metropolen und Dörfer brauchen schnelles Internet. Gerade für letztere öffnet das Internet neue Chancen für Lebensqualität und wirtschaftliche Entwicklung.
Meine Damen und Herren. Mit diesem Haushalt wollen wir das sächsische Fundament stärken. Auf diesem Fundament wollen wir wachsen und die Zukunftschancen für Sachsen nutzen.
Denn Otto Scharmer hat noch einen dritten Punkt. Es geht um den Umgang mit der Zukunft. Man kann sich so durchwursteln. Man kann sich abgrenzen. Oder man kann die Chancen der Zukunft sehen und sie mit den Bedürfnissen der Gesellschaft zusammenbringen.
Ich möchte, dass Sachsen sich für den dritten Weg entscheidet. Denn wir werden uns nicht aus einer globalisierten Welt herausschneiden können. Sachsen muss auch bei der Digitalisierung, aufholen, mithalten und am besten selbst Akzente und Impulse setzen.
Wir müssen im globalen Wettbewerb und bei der Gestaltung der Digitalisierung erfolgreich sein. Davon werden die sicheren Arbeitsplätze und ein gutes Auskommen für die Menschen abhängig sein. Es beunruhigt mich schon, dass Deutschland bei den schnellen technischen Entwicklungen, namentlich bei der Digitalisierung, so sehr ins Hintertreffen gerät.
Gerade wir in Sachsen müssen hier ganz vorn dabei sein: wo die Wirtschaft noch wachsen muss – damit sie Arbeitsplätze schafft, Wohlstand sichert und auch den Staat für seine Ausgaben in den Bereichen Bildung, Kultur und Soziales finanziert; wo in den nächsten Jahren attraktive Unternehmen Nachfolger brauchen und vor allem neue Unternehmen gegründet werden sollen; und wo wir ganze neue Wertschöpfungsketten brauchen. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit unseren Unternehmen sprechen: Wie sichern wir die Daten und das technische Know-How in einer digitalisierten Wirtschaft? Wie gestalten wir Investitionen in bestehenden Unternehmen aber gerade auch für Gründungen, Start-ups und Unternehmensübernahmen? Wie gestalten wir Arbeit 4.0?
Hier müssen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen unterstützen, dass sie auch in einer digitalen Wirtschaft sichere und gut bezahlte Arbeit finden: Durch gute Aus- und Weiterbildung sowie lebenslanges Lernen. Wir müssen ihnen Mut machen, dass sie mithalten können und bestehen werden.
Digitalisierung durchdringt unser ganzes Leben. Und bringt so vielfältige Chancen: Für eine bessere Lebensqualität genauso wie für neue Geschäftsmodelle. Ein Beispiel ist der Gesundheitsbereich: Apps und Telemedizin bieten ganz neue Präventions-, Behandlungs- und Kooperationsmöglichkeiten. Damit sichern wir nicht nur eine gute medizinische Versorgung ab. Wir werden auch zum Innovationstreiber für die Gesundheitswirtschaft.
In einer Studie wurde berechnet, dass das Internet der Dinge bis 2025 weltweit einen Mehrwert von 11 Billionen Dollar schaffen kann. Ich bin mir sicher, diesen Mehrwert wollen alle nutzen und dafür braucht es die richtigen Angebote, die richtigen Grundlagen. Sachsen kann diese Grundlagen liefern. Wir sind hervorragend aufgestellt, um das Internet der Dinge voranzubringen.
Das DLR-Institut für Softwareforschung in Sachsen wird kommen. Damit setzen wir ein Ziel aus dem Koalitionsvertrag um. Es bleibt aber nicht beim Software-Institut. Sachsen soll auch einen „Digital Hub“ bekommen. Wir bewerben uns beim bundesweiten Wettbewerb, den ich die Exzellenzinitiative der Digitalisierung nenne.
Wir brauchen einen Leuchtturm gerade für unsere Kompetenzen im Bereich Smart Systems, Internet der Dinge. Wir müssen die Geschichte des führenden Standorts für Mikroelektronik in Europa weiterschreiben. Und wir müssen diesen Standort sichern. Smart Systems heißt auch Smart Sachsen! Barock und Bytes!
Das ist ein wichtiger Impuls, der – da bin ich mir sicher – zu weiteren guten Nachrichten für Sachsen führen wird. So schaffen wir es, dass unsere Wirtschaft weiter wächst. Dass Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden. Dass unser Land eine gute Perspektive hat.
Meine Damen und Herren, Sachsen ist ein Land, in dem Ordnung und Sicherheit herrschen, das gute Bildung, verlässliche medizinische Versorgung und eine reichhaltige Kultur bietet.
In Sachsen kann man gut Unternehmen gründen und attraktive Arbeit finden – in den Großstädten und im ländlichen Raum sind die Bedingungen dafür gut.
Sachsen will allen Menschen eine gute Heimat sein. Auf dieser Basis kann eine selbstbewusste Bürgerschaft leben und sich entfalten.
Ein starkes Land mit selbstbewussten Bürgern kann die Chancen der Zukunft anpacken, die Risiken und Sorgen dabei nicht verschweigen und gemeinsam das Beste daraus machen. Der Haushalt ist ein ganz wichtiger Beitrag dazu. Er legt die Basis für eine gestaltende Politik, die diesen Zielen verpflichtet ist.
Vielen Dank.