13.03.2020

Ministerpräsident Michael Kretschmer im Bundesrat zum Kohleausstieg

Rede von Ministerpräsident Michael Kretschmer im Bundesrat zum Ausstieg aus der Kohleverstromung

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung der Kommission, die getragt hat und zu einem Ergebnis gekommen ist, ist ein großer gesellschaftlicher Konsens, der die ökonomischen und ökologischen Interessen der Gesellschaft unseres Staates miteinander in Einklang gebracht hat. Wir schaffen damit die Voraussetzung, internationale Abkommen einzuhalten, zu denen wir rechtlich verpflichtet sind, aber aus Vernunft und aus Verantwortung für die kommenden Generationen verpflichtet sind. CO² muss eingespart werden, die CO²-Produktion muss reduziert werden.

Zur Wahrheit gehört, dass das was Deutschland in den vergangenen drei Jahrzehnten in diesem Bereich erreicht hat, zu 43 % auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, den neuen Bundesländern erbracht worden ist. 43 % haben die neuen Bundesländer ihren CO²-Ausstoß in den vergangenen drei Jahrzehnten reduziert und die meisten von Ihnen wissen mit welchen Begleiterscheinungen. Gerade in den 90er Jahren mit einer hohen Arbeitslosigkeit, mit Strukturbrüchen, mit Abwanderung. Und deswegen haben viele Menschen, die in diesen Regionen leben, die Sorge gehabt, und wir konnten sie ihnen bis heute nur zum Teil nehmen, dass das Ende der Braunkohleverstromung zu einer ähnlichen Situation wieder führen könnte.

Die Bundesregierung und allen voran Bundesminister Altmaier ist nicht müde geworden, in den Regionen immer wieder zu betonen, dass wird dieses Mal anders sein. Wir werden zuerst neue Perspektiven schaffen, neue Unternehmen ansiedeln, neue Arbeitsplätze schaffen, bevor Bestehendes ein Ende findet. Und in dieser Verantwortung, in dieser Pflicht stehen Bundesregierung, Bundestag, aber auch die Gemeinschaft der Ländern. Die 40 Milliarden Euro, die für diesen Prozess vorgesehen sind, bieten große Chancen, die sich aber nur realisieren, wenn wir als betroffene Bundesländer auch die richtigen Instrumente in die Hand bekommen. Und da geht es um den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die eben nicht 30 oder 35 Jahre dauern darf, sondern die in 10 oder 15 spürbar eine Verbesserung erreichen muss im Bereich des Schienenverkehrs, im Bereich der Bundesstraßen, im Bereich der Autobahnen. Dafür brauchen wir – unabhängig vom Bundesverkehrswegeplan – ein eigenes Maßnahmegesetz, Planungsbeschleunigung. Hier brauchen wir wirklich ein schnelles Vorgehen.

Wir brauchen für die Unternehmen Standortvorteile für neue Ansiedlungen. Deswegen ist es richtig, wenn die Abgeordneten im Deutschen Bundestag jetzt noch einmal neu den Versuch unternehmen, eine Sonder-AV zu erreichen vor allen für die Kernregionen in diesen Strukturwandelregionen. Es ist notwendig, dass wir den Kommunen helfen, die von Steuerrückgängen und Einnahmeausfällen betroffen sind, dass das Leben, vor allen das gesellschaftliche Leben, das kulturelle Leben, das soziale Leben weiter geht. All das ist dringend notwendig. Und seit eineinhalb Jahren ist nahezu nichts passiert. Vor rund einem Jahr hat die Kommission Wachstum Beschäftigung, die diese Vorschläge erarbeitet hat, ihren Bericht vorgelegt, eine Entscheidung getroffen, bis Ende 38 aus der Braunkohleverstromung auszusteigen.

Es gab ein Sofortprogramm der Bundesregierung, was sich an den bisherigen Förderrichtlinien des Bundes orientiert und deswegen nicht geeignet ist und war, wirklich strukturell etwas zu bewegen, die Aufgaben anzugehen, die nachhaltig zu neuen Arbeitsplätzen führen, beispielsweise Investitionen, Innovationen in die Wissenschaft, in Bildung. Und deswegen muss es hier schnell voran gehen. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Das was hier passiert, wird von den Menschen, die unmittelbar betroffen sind, ganz genau beobachtet.

Ich bin dankbar, dass in einem anderen Bereich die Bundesregierung Wort gehalten hat und das sind die Behördenansiedlungen. Wie zu keiner anderen Zeit sind in den vergangenen 12 Monaten Arbeitsplätze der Öffentlichen Hand des Bundes in den neuen Bundesländern, gerade in den Regionen, die vom Strukturwandel betroffen sind, angesiedelt worden. Das ist ein sichtbares Zeichen, dass es die Regierung ernst meint und das wird auch anerkannt. Wir setzen darauf, dass dieser Prozess auch in der Zukunft fortgesetzt wird, denn Arbeitsplätze der Öffentlichen Hand sind verlässlich, sind gute Einkommen und schaffen damit auch Perspektiven nicht nur für diejenigen, die unmittelbar im Bergbau beschäftigt sind, sondern eben auch für Kinder, die jetzt sich eine zukünftige Perspektive erschließen wollen.

Die Zahlungen, die der Bund an die Energiewirtschaft leistet wird, sind keine Almosen, sondern, meine Damen und Herren, eine Pflicht. Hier geht es darum, dass diejenigen, die im Treu und Glaub investiert haben, in Kraftwerke, in Tagebaue, am Ende sich darauf verlassen müssen, dass dieses Land ein Rechtsstaat ist und rechtsstaatliche, marktwirtschaftliche Bedingen gelten. Deswegen ist es notwendig und richtig, dass auch in einem größeren Betrag diese Unternehmen jetzt unterstützt werden, wenn sie vorzeitig aus der Kohleverstromung aussteigen. Und ich finde, dass wir an dieser Stelle noch einmal sprechen müssen über das Mitteldeutsche Revier, die MIBRAG, die bisher von diesen Zahlungen ausgeschlossen worden ist. Und ich finde, dass im Bereich der Anpassungsgelder mehr auf die Gewerkschaften und Betriebsräte gehört werden, die die jetzigen Regelungen für zu starr, zu wenig flexibel halten, um tatsächlich erfolgreich in diesem Bereich vorgehen zu können.

Energiewirtschaft, Energiepreise – das ist die Achillesferse einer jeden Volkswirtschaft. Und deswegen ist es richtig, dass im Jahr 2023, dann 26 und auch 29 ganz genau überprüft wird, ob die Annahmen, die Hoffnungen, die jetzt vorhanden sind auf diesen Prozess, sich am Ende auch realisieren. Dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist, die Unabhängigkeit der deutschen Energieversorgung vom Ausland gewährleistet ist und dass Energiepreise sich nicht so gestalten, dass dieses Land im internationalen Wettbewerb nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Wir müssen in diesem Bereich und auch im Bereich der Kernenergie zukünftige Generationen die Chance lassen, die Dinge anders zu entscheiden als das die heutige Generation sieht. Das ist ein Gebot der Vernunft und das muss sich auch in diesem Kohleausstiegsgesetz wiederfinden.

 Herzlichen Dank

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