12.03.2018

Rede zum Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassisums

Grußwort des Sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer zur bundesweiten Auftaktveranstaltung der Internationalen Wochen gegen Rassismusam 12. März 2018 im Neuen Rathaus Dresden

Es gilt das gesprochene Wort.

Vielen Dank für diese freundliche Ankündigung. Meine sehr verehrten Damen und

Herren, liebe Ehrengäste! Es stimmt: Ich habe einen Termin seit vielen Wochen von Stanislaw Tillich übernommen heute Abend an der Universität hier in Dresden.

Und ich wollte trotzdem heute hierher kommen, weil mir das wichtig ist. Weil das, was Sie heute hier miteinander besprechen und was die nächsten Wochen gegen Rassismus besprochen wird, uns alle angeht.

Denn meine Damen und Herren es gibt keine, wirklich keine Rechtfertigung für Rassismus. Und die Zuordnung von Menschen in unterschiedliche Gruppen, mit dem Ziel, sie zu werten, ist einer der Tiefpunkte des 20. Jahrhunderts.

Das deutsche Grundgesetz hat dieser »Rassenideologie« mit großer Macht den Artikel 1 unseres Grundgesetzes entgegengestellt, nämlich das die Würde aller Menschen unantastbar ist, und dass alle Menschen vor dem Grundgesetz gleich sind. Das ist unsereAntwort auf die Verbrechen des 20. Jahrhunderts. Und ich denke sie ist ganz klar.

Und dass wir immer wieder aufs Neue über den Wert des Lebens, über die Menschenrechte sprechen müssen, und dass dieser Prozess nie zu Ende ist, zeigt sich an vielen Dingen. Auch an Sachen die man nicht sogleich sieht. Ich habe mit Claudia Roth im Deutschen Bundestag in den vergangenen 15 Jahren viele Debatten erlebt: Über den Beginn des Lebens, über das Ende des Lebens, über die Art und Weise wie man es werten soll. Und ich habe viele Beispiele bei mir im Kopf gehabt, die mich bewegt haben. Und eines davon war ganz in der Nähe von hier: Pirna-Sonnenstein die vielen Opfer der Euthanasie. Und bei mir in meiner Heimat: Großschweidnitz mit 5.000 Kindern die dort Opfer der Euthanasie geworden sind. Damals in den zwanziger und dreißiger Jahren keine Sache, die zu großer Aufregung geführt hat. Keine Sache, die man jetzt eins zu eins nur den Nationalsozialisten zuordnen kann, sondern eine ganz grundsätzliche Entgrenzung und Verirrung ethischer Werte, die am Ende in so ein furchtbares Schicksal geführt hat.

Und deswegen liegt es immer wieder an uns, in einer offenen Diskussion zu sprechen: darüber, was Menschenwerte sind, wie wir miteinander leben wollen. Und ich freue mich, dass Sie zu diesen Wochen gegen Rassismus aufgerufen haben. Und hier in Dresden, wie bei uns im Freistaat Sachsen und in der Bundesrepublik Deutschland, geht es ja auch um die Frage: »Wie wollen wir miteinander leben?« Und darum, wie ich selber möchte, wie man mir entgegen tritt. Und ich führe diese Diskussion mit dem Wissen, dass ich kleine Kinder habe. Und die Vorstellung, dass sie durch die Gegend geschupst werden könnten, dass sie in der Straßenbahn angepöbelt werden könnten wegen ihrer Hautfarbe oder wegen ihrer Herkunft. Und das ist etwas, was mich wütend macht. Und so wenig wie ich es möchte, dass es mit meinen Kindern passiert, möchte ich, dass es mit allen anderen in diesem Land passiert. Und deswegen ist es richtig, dass wir diese Diskussion in die Gesellschaft hineintragen und unser Statement dazu deutlich machen.

Denn meine Damen und Herren: Haltung und Werte sind Sachen, die uns alle miteinander angehen. Und wenn wir über Religionsfreiheit sprechen und das deutsche Grundgesetz, ist klar, dass zu diesen Jedermann-Rechten die Religionsfreiheit gehört. Und dass die Religionsfreiheit nach dem Grundgesetz nicht heißt, Freiheit von Religion, sondern Freiheit zu Religion. Also auch für Menschen mit muslimischen Glauben. Und es tut der Bundesrepublik Deutschland gut, wenn sie auch dieses Grundrecht durchsetzt.

Wobei klar ist, dass all das, was da passiert, auf dem Boden und im Rahmen des Grundgesetzes und unserer Rechtsordnung passiert; und dass wir dafür genauso eintreten müssen. Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, auch mit dieser Veranstaltung und mit diesen Wochen ein deutliches Zeichen zu setzen, hier im Freistaat Sachsen in der Bundesrepublik Deutschland. Dass wir deutlich machen: Es ist ein Thema, was uns alle angeht, was auch uns alle betrifft. Die Frage, wie wir miteinander umgehen, ob dieses Land lebenswert, freundlich ist, ob es der Zukunft zugewandt ist, hängt nur davon ab, wie wir miteinander umgehen.

Und ich wünsche mir, dass wir das mit Anstand und Freude tun, und dass Menschen anderer Religionen sich in unserem Land wohlfühlen, meine Damen und Herren.

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